Über Nidellöffel und Nordgrat auf das Gipshorn

geschrieben von Susanne am 3. Juli 2022 um 22.25 Uhr
Kategorie: Bergtouren, Ernährung, Schweiz/Liechtenstein, Wandern
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Unsere Motivation, an einem warmen, Sommersonntag eine größere Tour zu unternehmen, ist am Vormittag gering. Aber dann fällt uns doch ein Projekt ein, dass wir schon seit Längerem realisieren wollten, die Besteigung des Gipshorns über Nidellöffel und Nordgrat. Im Netz gibt es keine Tourenbeschreibungen von dieser Route, nur im SAC-Führer „Bündner Alpen 6“ ist sie aufgeführt:

Von Monstein (1626 m) erreicht man auf dem Strässchen über die Inneralp den Mäschenboden (1993 m). Man steigt gegen Süden zum Nidellöffel, einem Rasenhang unter dem Gipshorn-Nordgrat, auf und klettert leicht über den Zackengrat zum Gipfel hinauf.

Die Schwierigkeit der Route wird mit WS- bewertet, das entspricht in etwa T5:

Meist noch Gehgelände, erhöhte Trittsicherheit nötig, Kletterstellen übersichtlich und problemlos.

Nun, mittlerweile wissen wir, was von Tourenbeschreibungen in SAC-Führern zu halten ist: Im Allgemeinen nicht viel! Wir sind also gespannt, wie die Lage vor Ort wirklich aussieht. Der Aufstieg von Monstein, das wir mit dem Postbus erreichen, hinauf zum Mäschenboden verläuft über einen markierten Wanderweg, den wir von unserem Aufstieg zum Büelenhorn her kennen: Nachmittagswanderung aufs 2808 Meter hohe Büelenhorn. Wir folgen dem Wanderweg weitere 500 Meter, verlassen ihn dann auf etwa 2150 Höhenmetern und wandern in südöstlicher Richtung Richtung Nidellöffel weiter, zu Beginn über Weideglände, später über Geröll:

Schlussendlich landen wir auf einem Geröllfeld oberhalb des Nidellöffels und halten uns hier erst einmal rechts:

Der eigentlich Nordgrat links von uns sieht weitaus weniger freundlich aus. Gehend und ab und zu Stock bzw. Hände zu Hilfe nehmen, steigen wir weiter auf:

Der Blick zurück hinunter ins Tal auf Monstein, Inneralp und Mäschenboden:

Bald wird klar, dass wir, um weiter aufstiegen zu können, den eigentlichen Nordgrat anpeilen müssen. Kurzes Innehalten, bevor es über den Grat steil nach oben geht:

Das Gelände ist nicht schwierig, aber trotzdem heikel: Es liegt viel loses Geröll herum und nicht jeder Tritt oder Griff hält. Ein Helm wäre hier von Vorteil gewesen. Um Verletzungen durch herabfallende Steine zu vermeiden, klettern wir, wenn das Gelände es zulässt, parallel oder aber der Nachfolgende „versteckt“ sich hinter größeren Felsen. Ein Blick zurück über den Nordgrat und ein Blick zur Seite auf Leidbach- und Älplihorn:

Normalerweise schaue ich bei einem solchen Aufstieg lieber nicht zurück, um nicht in Panik zu geraten. :updown: Der Adrenalinspiegel ist eh seit geraumer Zeit auf hohem Niveau: Je höher wir kommen, desto unübersichtlicher wird nämlich das Gelände und wir wissen nie, ob wir auf der „richtigen“ Route sind. Nun ja, vielleicht gibt es ja kein „richtig“ oder „falsch“ und es führen viele Wege nach oben. Trotzdem beruhigt es unsere Nerven, als wir an einer Stelle einen Steinmann erblicken. So falsch können wir also nicht sein. Und dann taucht über uns endlich die Gipfelstange auf:

Auf direktem Weg ist sie allerdings nicht zu erreichen, einen Felsen müssen wir auf dem Weg nach oben noch umrunden:

Die letzten Meter hinauf zum Gipfel sind Gehgelände und dann ist es geschafft, wir stehen zum zweiten Mal seit dem 14.10.2019 auf dem Gipshorn. Bilder vom Gipfel kann ich heute leider keine machen, da mein Smartphone den Geist aufgibt und die Powerbank zu Hause liegt. :updown: Aber egal, Guido filmt die Tour und wenn das Video fertig ist, ergänze ich es unten. Nachdem sich unser Adrenalinspiegel wieder einigermaßen normalisiert hat, machen wir uns auf den Abstieg. Interessant ist, dass erst im Laufe des Abstiegs Erinnerungen an unsere Erstbesteigung aufkommen, so wie der mühsame Aufstieg über eine Geröllrinne oder eine Kaminkletterei. Heute ist der Abstiegsweg schneefrei, mit roten Punkten markiert und damit leicht zu erkennen. Erst lassen wir es während des Abstiegs sehr gemütlich angehen, bleiben immer wieder stehen und genießen die Landschaft. Drei Momentaufnahmen von mir, die während des Abstiegs entstehen, auf der ersten ist das große Gipsfeld, auf der zweiten das Chrummhüreli und auf der dritten das Chrachenhorn zu sehen:

Dann allerdings müssen wir uns sputen, damit wir den letzte Bus Richtung Schmitten nicht verpassen. Endpunkt unserer Tour ist nicht Monstein Dorf, sondern Monstein Bahnhof: Der letzte Bus von Monstein Dorf hinunter ins Tal ist leider schon weg. Die Tour in der Übersicht:


Die Glücksgefühle, die solch eine Tour, wenn sie gut überstanden ist, in mir auslöst, sind unbeschreiblich. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen gehe ich am Abend mit dem Wunsch ins Bett, nie wieder aufzuwachen. Vielleicht schreibe ich morgen mehr dazu, heute füge ich nur noch meinen Speiseplan an:

  • 10.20 Uhr: 1360 Gramm Wassermelone
  • 21.05 Uhr: 200 Gramm Krachsalat, 110 Gramm Cicorino Trevisano, 10 Gramm Schnittlauch, 530 Gramm Fleisch und Fett von der Brust eines Rindes

PS: Danke für diesen wunderbaren Tag. 🙏🏻

PPS: Das Video zur Tour:

Guidos Tourenbeschreibung ist hier zu finden: Gipshorn-Nordgrat.

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