Über den Marwees und durch die Höll auf den Appenzeller Hundstein

geschrieben von Susanne am 30. August 2017 um 23.34 Uhr
Kategorie: Bergtouren, Ernährung
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Meine Pläne für den heutigen Tag sahen Folgendes vor: Am Vormittag einkaufen und Gartenarbeit, später eventuell die Schuhe vom Schuster abholen und ein bisschen Hausarbeit. Doch meine Pläne änderten sich: Gegen 9.30 Uhr entschlossen Guido und ich uns nämlich, in der Schweiz, genauer gesagt im Alpstein, einem Bergmassiv im Appenzell, auf Tour zu gehen. Tourenziel sollte der Hundstein, ein 2157 Meter hoher Gipfel, sein. Die geplante Tour sah den Anstieg von der Südseite vor, die wir von Wasserauen aus über den Marwees, einem Berggrat mit einer Maximalhöhe von 2056 Metern, erreichen würden. Den Gipfel des Hundsteins würden wir über leichte Kletterei, bei der wir allerdings mit Steinschlag rechnen müssten, über einen T5-Wanderweg erreichen.

Das schien auch für mich machbar zu sein. Ausgangspunkt unserer Tour war der Ausflugsparkplatz bei Wasserauen. Von dort aus starteten wir um 11.20 Uhr, die Rucksäcke bepackt mit Regenklamotten (für den Abend waren Regenschauer vorhergesagt, von denen wir allerdings verschont wurden), Sturzhelm und ganz viel Trinkwasser. Die ersten eineinhalb Kilometer der Strecke waren uns von einer DAV-Tour zur Meglisalp bekannt. Hier herrschte reger Verkehr im Auf- und Abstieg. Aber auf dem Pfad hinauf zur Bogartenlücke waren wir dann allein unterwegs:

Rund drei Kilometer und 800 Höhenmeter waren von Wasserauen aus bis zur Lücke zu überwinden. Obwohl uns ein herrliches Panorama begleitete, fotografierte ich auf diesem Streckenabschnitt kaum etwas. Ich war nämlich voll und ganz damit beschäftigt, hinter Guido herzukommen! Ohne meine Fotografiererei (und ohne Futterei!) waren wir relativ schnell, das hieß nach rund eineinhalb Stunden an der Bogartenlücke. Das Panorama von der Lücke aus Richtung Süden:

Nach einem kurzen Abstieg ging es über Gras anfangs sehr, dann etwas mäßiger steil hinauf auf den Marwees:

Der Grat:

Das Gipfelkreuz, das allerdings nicht den höchsten Punkt des Grates markierte, rechts davon war der Schäffler, links der Altmann zu sehen:

Den Grat entlangzuwandern war wunderschön, rechter Hand lagen Säntis und Schäffler, linker Hand waren die steilen Felswände von Hüser und Hochhus sowie die Kreuzberge zu sehen. Am Ende des Grats lag der Säntis direkt vor uns:

Hier kam der Hundstein, unser Tourenziel, ins Blickfeld:

Ein schmaler Pfad schlängelte sich hinauf zum unteren Hundsteinkamin. Am Fuße des Kamins setzten wir die Helme auf, dann konnte die Kletterei beginnen:

Während Guido sich die ersten Meter nach oben stemmte, wartete ich wegen Steinschlaggefahr sicher hinter einem Felsen und konnte so noch einmal einen Blick auf den Marwees und die Strecke, die wir gekommen waren, werfen:

Kurze Zeit später begann auch für mich die Kletterei. In anderen Tourenbeschreibungen las ich am Abend, dass der Weg durch den unteren Kamin als recht mühsam empfunden wurde. Der mühsame und weitaus nervenaufreibendere Abschnitt begann aber für mich eigentlich erst mit der Kletterei durch den zweiten Hundsteinkamin. Zwei Gämsen zeigten uns, dass man hier am besten auf allen Vieren hochkam:

Gott sei Dank lösten sich beim Aufstieg der beiden keine Felsbrocken, die auf uns fallen konnten. Während wir noch warteten, bis sie außer Sichtweite waren, prasselten jedoch linker Hand einige Brocken an mir vorbei, die ein drittes Tier beim Abstieg nach unten ausgelöst hatte. Aber dann konnten wir losgehen bzw. loskrabbeln:

Das sah bei uns zwar nicht ganz so elegant aus wie bei den Gämsen, aber es erfüllte seinen Zweck! Guido an der Schlüsselstelle des oberen Kamins:

Ein großer Felsblock musste hier überklettert werden. Guidos Taktik funktionierte bei mir nicht, ich musste mir etwas anderes überlegen. Zuerst allerdings ohne Erfolg und ich war kurz davor, aufzugeben. Aber dann fand ich doch eine Lösung und quetschte mich am Felsen vorbei:

Die nächsten Meter bewältigte ich mit dem Mut der Verzweiflung, bis endlich ein Band vor uns auftauchte und wir den Kamin unter einem Felsvorsprung in gebückter Haltung verlassen konnten:

Die letzten Meter hinauf zum Gipfel über Schrofengelände waren ein Kinderspiel, obwohl es teilweise auch hier ziemlich steil nach unten ging:

Glücklich und stolz über die vollbrachte Leistung am Gipfel:

Nach einer kurzen Rast besprachen wir das weitere Vorgehen. Der Weg zurück durch die beiden Kamine war für uns beide undenkbar, so blieb nur der Abstieg hinunter zum Fälensee. Die Entscheidung erwies sich als goldrichtig, denn der Abstieg bereitete uns keinerlei Schwierigkeiten. Nur ein paar Meter mussten wir noch einmal Hand an den Fels legen, um sicher abklettern zu können, dann ging es recht gemütlich weiter. Nun ja, so gemütlich wie T4-Wanderwege in der Schweiz waren! Der Blick hinunter auf den Fälensee:

Etwas oberhalb des Fälensees lag die Hundsteinhütte, wo wir kurz einkehrten, um die Wasservorräte aufzufüllen. Den Berggasthof Bollenwees ließen wir rechts liegen:

Unser Weg führte entlang einer imposanten Felswand, die mit Bohrhaken für Kletterer gespickt war, hinunter zum Weideboden der Rheintaler Sämtis auf 1317 Metern Höhe:

Von hier aus mussten wir noch einmal 400 Höhenmeter im Zickzack nach oben zurück zur Bogartenlücke gehen:

Der Abstieg erfolgte über den Aufstiegsweg und aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit recht zügig. Die letzten Meter zurück zum Parkplatz von Wasserauen:

Die Tour im Überblick:

Outdooractive gab für die Dauer der Tour sieben Stunden an, wir benötigten mit Pausen 8 Stunden und 20 Minuten. Fazit der Tour: Es war ganz klar keine Genusstour, abgesehen von der Wanderung über den Marwees. Diesen Streckenabschnitt hätte man sogar barfuß gehen können. Es war eine Abenteuertour ersten Ranges, jedenfalls für mich, bei der ich über mich selbst hinauswuchs. Ich war ziemlich stolz auf diese Leistung.

Zurück zu Hause ging es zuerst kurz zum Händewaschen ins Bad und dann zum Kühlschrank. Mein Hunger war nämlich enorm! Nach dem Verzehr von frischen Algen „Dulce“ und Tomaten folgten eine Dusche sowie Yogaübungen. Das tat nach der anstrengenden Tour sehr gut. Dabei stellte ich fest, dass die starke Dehnung, die ich während des Abkletterns in meinem linken Knie gespürt hatte (das Knie hatte ich mir im letzten Winter während eines Spaziergangs verletzt), zu einer Verbesserung der Beweglichkeit geführt hatte. Irgendetwas war bei der Dehnung wieder an seinen richtigen Platz gerutscht. Meine Mahlzeiten:

  • 9.10 Uhr: 640 Gramm Nektarinen
  • 18.15 Uhr: 10 Himbeeren
  • 21.15 Uhr: 50 Gramm Alge „Dulce“, 550 Gramm Tomaten
  • 23.00 Uhr: 400 Gramm Eisbergsalat, 590 Gramm Avocados „Fuerte“, 90 Gramm gekeimter Sesam

Am liebsten hätte ich nach der Tour ein großes Stück Fleisch gegessen, aber das hatte ich nicht im Haus. So mussten Avocados und Sesam meinen Hunger stillen.

PS: Am Abend las ich im SAC-Führer „Von Appenzell zum Walensee“, dass „Hund“ im Bergnamen ein verstärkender Kraftausdruck ist. Der Hundstein war also ein gewaltiger, schwieriger Berg. Der aus dem Jahre 1999 stammende Führer bewertete den Aufstieg durch die Felsschluchten übrigens als leicht. Das mag früher durchaus auch so gewesen sein, an zwei Stellen stießen wir nämlich auf Überreste eines ehemaligen Weges in Form einer Trittstufe und eines dicken Eisennagels. Die Trittstufe konnten wir zwar nicht mehr als Tritt nutzen, aber als Griff eignete sie sich ganz gut, ebenso wie der Eisennagel.

PPS: Guidos Tourenbericht: Marwees → Hundstein (2.157m).

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